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16.000 wertvolle Notenausgaben und Korrespondenzen: das alte Notenlager von André
Foto: Ralph Philipp Ziegler16.000 wertvolle Notenausgaben und Korrespondenzen: das alte Notenlager von André

Verlagsgeschichte

Mozart Made in Offenbach

Andrés „Notenfabrique“ – Der älteste familiengeführte Musikverlag der Welt feiert seinen 250. Geburtstag mit einem Festprogramm

Harald Tews
05.05.2024

Zwei der weltweit ältesten Musikverlage haben ihren Standort im heutigen Bundesland Hessen. Der 1719 in Leipzig gegründete Verlag Breitkopf & Härtel residiert seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Wiesbaden, während der vor 250 Jahren gegründete Musikverlag André seinen Sitz in Offenbach hat. Am 1. August 1774 errichtete der Komponist Johann André seine eigene „Notenfabrique“, in der er musikalische Werke druckte, die er in seinem Musikhaus auch gleich verkaufte.

André stammte aus einer südfranzösischen Hugenottenfamilie, die vom damaligen Grafen Johann Philipp von Isenburg-Birstein religiösen Schutz genoss. André pflegte eine enge Freundschaft mit Johann Wolfgang Goethe, als dieser für kurze Zeit mit „Lili“, der Offenbacher Bankierstochter Anna Elisabeth Schönemann, verlobt war und direkt gegenüber den Andrés eine Wohnung bezog.

Auf der Durchreise nach Frankfurt zu Gast im Haus André war 1790 auch Wolfgang Amadeus Mozart, von dem der Musikverlag André viele seiner Werke erstmals gedruckt hat. Johann Anton André, der Sohn des Verlagsgründers, wurde 1799 sogar zum musikalischen Nachlassverwalter Mozarts. Unter den über 270 Mozart-Werken befanden sich auch die Notenhandschriften von „Don Giovanni“, „Die Zauberflöte“ und der „Kleinen Nachtmusik“. Sie bilden die Grundlage für die Mozart-Editionen des Verlages.

Musikverlag und -haus André sind noch heute familiengeführt. Hans-Jörg André führt das seit 1923 an der Frankfurter Straße in Offenbachs Fußgängerzone angesiedelte Geschäft inzwischen in der siebten Generation. Seit Gründung hat der Verlag fast 18.000 Musikstücke herausgebracht. Darüber hinaus lagern in dem Archiv etwa 16.000 Notendrucke sowie viele Partiturhandschriften und unzählige historische Korrespondenzen von 1774 bis in die 1940er Jahre.

Ein Teil davon wird vom 5. Juli bis 24. August beim Jubiläumsprojekt „Mozart, André, Offenbach – der Klang der Zeitkapsel“ in einer Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte Offenbach präsentiert. Die Schau ist Gegenstand eines hauptsächlich aus Konzerten bestehenden Jubiläumsprogramms, das Musik so zu Gehör bringen will, wie sie vor bis zu 250 Jahren geklungen hat.

Rund 30 Termine stehen auf dem Programm, darunter vier Sinfoniekonzerte. Bereits am 5. Mai findet in der Lutherkirche ein „Gesprächskonzert“ mit Kompositionen aus der André-Familie statt. Am 12. Mai spielt das Capitol Symphonie Orchester unter Douglas Bostock im Capitol Theater Offenbach aus historischen An­dré-Ausgaben der „Ludwig II. von Bayern gewidmeten“ zweiten Sinfonie des Dänen Asger Hamerik sowie Mozart-Werken mit dem Klarinettensolisten Fabio di Càsola.

Kirchenmusikalische Werke des An­dré-Clans stehen am 26. Mai und 2. Juni bei den „Musica Sacra“ übertitelten Konzerten in den Kirchen St. Paul beziehungsweise St. Marien auf dem Programm, ehe beim Festakt am 7. Juni in der Alten Schlosserei der Energieversorgung Offenbach gefeiert wird. Der Abend schlägt mit der Uraufführung der „Sketches on An­dré“ des deutschen Jazzpianisten Christof Sänger mit seinem gleichnamigen Trio und dem Klarinettisten Ib Hausmann, dem Polish String Quartet Berlin sowie Kabarettistischem des Conférenciers Michael Quast die Brücke zwischen Wiener Klassik und Offenbacher Gegenwart.

Bei weiteren Aufführungen bis Ende Dezember wird viel Mozart zu erleben sein. Das einzige handschriftliche Werk aus Mozarts Feder, das dem Hause André erhalten geblieben ist, nachdem der große Rest bei den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde, kommt bei der Capitol Classic Lounge am 6. Oktober zum Klingen. Es handelt sich um Mozarts Um-Instrumentierung des Violinkonzerts Nr. 16 e-Moll von Giovanni Battista Viotti, das der 2. Konzertmeister des hr-Sinfonieorchesters, Maximilian Junghanns, unter Leitung von Michael Hofstetter spielen wird.

Alle Termine: www.andre250.de und: offenbach.de/klangderzeitkapsel


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